Das Verzeichnis umfasst den Zeitraum von 1945 bis heute
Zusammengestellt wurde das Verzeichnis von Hermann Löser

Ein Bericht aus der Westfalenpost
Der Arbeitskreis Ortsgeschichte Oeventrop erinnert mit einer Gedenktafel an die Geschichte der alten Knabenschule. Weitere Aktionen folgen
Oeventrop. Der Arbeitskreis Ortsgeschichte Oeventrop (AKO) hat jetzt an der alten Knabenschule der Ruhrdörfer eine Gedenktafel angebracht, die mit Bild und Text die wechselvolle Historie des 135 Jahre alten Gebäudes dokumentiert.
„Ich bin selbst noch in diese Schule gegangen.“
Ein Mitglied des Arbeitskreises Ortsgeschichte
Wir schreiben das Jahr 1882. In der Gemeinde Dinschede wird auf historischem Grund die Knabenschule errichtet, ganz aus Stein. „Die müssen „steinreich“ sein!“, erregten sich die Bürger, de besaßen nur Häuser aus Holzbalken und Lehm. Historisch war der Grund, weil genau an dieser Stelle zuvor die alte Bauernschule stand, in der – hauptsächlich wintertags – die Alphabetisierung der Kinder aus den drei Bauernschaften Dinschede, Glösingen und Oeventrop begonnen hatte.
Bauwerk noch nahezu unverändert
Darüber berichtete jetzt Ludwig Hoppe bei der Enthüllung der Geschichtstafel. „Ich bin selbst noch in diese Schule gegangen und habe heute noch den Geruch des mit Terpentin getränkten Fußbodens in der Nase und kann mich noch an die langen Eichenbänke mit dem Tintenfass und den alten Kanonenofen erinnern“, weiß mancher aus dem Arbeitskreis.
Dank der Weitsicht der damaligen Entscheidungsträger ist dieses solide Bauwerk, bestehend aus zwei Lehrerwohnungen und zwei Klassenräumen, noch nahezu unverändert und immer noch Teil der Grundschule. Heute beherbergt es die GrundiKids (Ganztagsbetreuung) und das Archiv des Arbeitskreises.
Die AKO-Mitglieder haben sich im vergangenen Jahr die Aufgabe gestellt, aus dem inzwischen umfangreichen Archivmaterial Geschichtstafeln zu erstellen, die Bürgern und Besuchern die Möglichkeit bieten, wie in einem Geschichtsbuch vom Werden und Wandel des Ortes zu lesen.
So „erzählen“ zwei weitere Tafeln, die kürzlich am Missionskreuz unterhalb des ehemaligen Klosters auf dem Haarscheidt aufgestellt wurden, vom fast 100-jährigem Klosterleben in Oeventrop. An einer weiteren Tafel am alten Kirch-, Schul- und Postweg nach Rumbeck – heute der Weg unterhalb der Vogelstange – ist nachzulesen und aus altem Karten- und Bildmaterial ersichtlich, wie beschwerlich der Weg von Arnsberg über Rumbeck und Oeventrop nach Freienohl zur „guten alten Postkutschenzeit“ war.
Auf der Geschichtstafel an der Mauer von Raulfs Hof (Oeventrop) geben Bilder und Karten Auskunft über Wegezustände und Wegebau in der Mitte des 19.Jahrhunderts am Beispiel des „schmutzigen Hohlwegs, der mit befrachtetem Fuhrwerk nur sehr mühsam, für Fußgänger dagegen zu nasser Jahreszeit gar nicht zu passieren war“, wie es in der Chronik des Johann Georg Rüther heißt.

Gerd Kessler rückt die Erinnerungstafel an der alten Knabenschule unter Anleitung von Willi Linn (links) an die richtige Stelle. Foto: Ted Jones
Tafel im Ortskern soll früheren jüdischen Mitbürgern ein Gesicht geben
– In Planung sind weitere Tafeln, die im Laufe des Jahres Einblicke in die wechselvolle Industriegeschichte, die Geschichte des Ruhr-Freibades, des Eisenbahnbaus und u.a. der verschiedenen Brückenbauten geben sollen.
– Eine besondere Geschichtstafel ist im Ortskern, in Ergänzung zum bereits bestehenden Mahnmal der Judenverfolgung, geplant. Sie soll den jüdischen Mitbürgern, ihren Häusern und ihrer Arbeit „ein Gesicht“ geben.
– Für die letztgenannte Tafel bittet der Arbeitskreis die Bevölkerung aber noch dringend um Bilder von ehemaligen jüdischen Mitbürgern.
– Bei der Anbringung der Geschichtstafel an der Knabenschule wurde den drei ortsansässigen Banken (Sparkasse Arnsberg-Sundern, Spadaka Oeventrop und Volksbank Sauerland) sowie der Metallbau Firma Feldmann, die die Anfertigung der Tafeln finanziell und materiell großzügig unterstützt haben, ein besonderer Dank ausgesprochen.
Zur Ausstellungeröffnung
„Historische Einblicke in Oeventrops Industrie und Handwerk“
16. November 2013
Sehr geehrte Damen und Herren,
verehrte Oeventroper Bürger,
liebe Mitarbeiter im Arbeitskreis,
mein letzter Satz in der Gründungsversammlung des Arbeitskreises Ortsgeschichte Oeventrop – morgen auf den Tag genau vor 2 Jahren – war:
„Was aus dieser Initiative einmal werden wird, darüber zu spekulieren ist müßig. Packen wir es an!“
Jetzt wissen wir, was daraus geworden ist: eine erste kleine Ausstellung, ein erster kleiner Einblick in das, was wir zusammengetragen haben. Was wir zeigen, ist noch bruchstückhaft, wir stehen erst am Anfang unserer Arbeit.
Denn je länger wir uns mit dem einen oder anderen Aspekt aus der Vergangenheit unseres Ortes beschäftigen, desto mehr Arbeitsfelder tun sich auf, desto mehr Wissenslücken stellen wir fest.
Zu viele Zeitzeugen sind verstorben, zu viele Dokumente sind aus Unkenntnis, manchmal auch aus Gleichgültigkeit, entsorgt und im Container gelandet.
Und doch ist es verwunderlich, was an Zeitdokumenten nach systematischem Suchen im Stadtarchiv oder durch zufälliges Entdecken auf dem Dachboden, im Keller, im alten Schuhkarton zu Tage gefördert wird und uns zur Verfügung gestellt wird.
Oft tut sich im Unscheinbaren, im scheinbar Wertlosen persönliche oder große Geschichte auf.
Ich möchte dies stellvertretend an 4 Beispielen kurz beschreiben.
Da bringt jemand die Lohntüte seines Vaters vom 3.8. 1923, ausgestellt vom Kontor der Glashütte Schönert. Darauf steht mit spitzer Feder fein säuberlich geschrieben der Monatsverdienst in Höhe von 5.026.993,00 Mark, die Steuerabgaben betrugen 406.699,00 Mark, für die Krankenkasse zahlte er 87.057,00 Mark, abzüglich weiterer Abgaben blieb ihm ein Reinverdienst von 3.845.196,00 Mark. Ein reicher Mann, ein armer Mann. Inflationszeit. Vielleicht bekam er dafür ein Brot – wenn er nur rechtzeitig beim Bäcker war.
Nebenan liegt eine Papiertüte von der HIAG für 1 kg „beste rauch- und dunstfreie Buchen-Retorten-Holzkohle“ Marke „Sparglut“, die als Bügel-(Plätt)-Kohle diente, wie auf der Tüte verzeichnet.
So tut sich mit dieser einfachen Papiertüte die gute, alte Welt der Hausfrau zu Urgroßmutters Zeit auf, die vielleicht doch nicht so gut war. Mit dem Plätteisen, gefüllt mit glühender Holzkohle, war Bügeln schwere Hausfrauenarbeit, eine heiße Angelegenheit, oft mit Brandstellen an Händen oder – was schlimmer war – am Bügel Gut.
Das elektrische Dampfbügeleisen mit Bügelstation war noch in weiter Ferne.
Auf dem Nachbartisch gibt eine Fotografie die Momentaufnahme vom Bau des Gleisanschlusses zur Zellstofffabrik Wildshausen wieder: Männer mit Hacke und Schüppe, Feldloren, Pferdefuhrwerke, eine meterhohe Erdböschung. So hackten und schaufelten sich die Altvorderen in die Landschaft, legten Straßen an und Eisenbahnen, bauten Brücken und Fabriken. Alles Große, vor dem wir heute bewundernd stehen oder auch als selbstverständlich hinnehmen, ist durch die Jahrhunderte auf dem Rücken und mit der Muskelkraft von Mensch und Tier geschaffen.
27. Dezember 1904, ein Postkartengruß aus Oeventrop von Paula an Julia. Der Kartengruß enthält das, was man sich so üblicherweise schreibt, für uns heute bedeutungslos.
Interessant nach mehr als 100 Jahren aber ist die abgebildete Ansicht von Oeventrop: nur wenige Häuser gab es in Oeventrop, in Dinschede. Heraus ragen die Kirche, gerade erst erbaut, und im Vordergrund die chemische Fabrik HIAG. 10 unterschiedlich hohe Schornsteine sind zu zählen. „Da rauchte der Schornstein!“, sagt man im Volksmund. Das bedeutete Arbeit und Brot für viele Dorfbewohner.
Über dreihundert verschiedene Postkarten von Oeventrop sind in den letzten 100 Jahren erschienen. Das sind 300 verschiedene Momentaufnahmen, die –unbeabsichtigt- den Strukturwandel eines Dorfes dokumentieren.
Es gibt Kartenfolgen da zählt man mehr als 15 Schornsteine im Ruhrtalabschnitt Oeventrop. Auf den letzten Postkarten sind sie alle verschwunden. Im digitalen Zeitalter gibt es keine einzige Postkarte mehr von Oeventrop
Alle hier ausgestellten Dokumente und Objekte erzählen Geschichten und damit Geschichte.
Meist ist es die Geschichte der „kleinen“ Leute: der Fabrikarbeiter, der Handwerker, der „Ungelernten“, der „Angelernten“. Ob die Geschichte der „kleinen Leute“ gut verläuft oder schlecht, ist immer die Folge der Entscheidungen der „Großen“. Ob die Fabriken schließen oder sich weiterentwickeln und expandieren, ob die Währung stabil ist oder inflationär, das trifft am nachhaltigsten die „kleinen Leute“.
„Wissen, was früher war…“ hatte S. Kessemeier seinen Vortrag beim 775jährigen Ortsjubiläum betitelt. Das trifft auch auf unsere Arbeit zu.
Wer weiß, wie es früher war und wie es sich bis heute entwickelt hat, geht mit dem Überlieferten verantwortungsvoller um und kann daraus die Zukunft gestalten. So kann und darf z.B. die Alte Knabenschule, in die über 130 Jahre die Schüler dieses Ortes gegangen sind, in der Schulgeschichte geschrieben wurde, die zurzeit unsere Bleibe ist, nicht einfach verramscht oder abgerissen werden.
„Wissen, was früher war…“, damit wir uns morgen für heutige Entscheidungen keine Vorwürfe machen müssen.
Ich wünsche dieser kleinen Ausstellung viele Besucher, interessante Gespräche, im besten Fall das eine oder andere noch unbekannte geschichtliche Dokument, an das man sich, angeregt durch diese Ausstellung, erinnert und vielleicht den einen oder anderen neuen Mitarbeiter.
Bleibt mir zum Schluss nur noch zu sagen: Die Ausstellung ist eröffnet.
Ludwig Hoppe

Foto: Franz-Josef Molitor
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Über 600 Besucherinnen und Besucher konnten die AKO-Mitglieder an den Öffnungstagen der Ausstellung zählen. Mit diesem Andrag war beim besten Willen nicht zu rechnen gewesen. Die hauptverantwortlichen Ludwig Hoppe und Franz Rüther zeigten sich mehr als zufrieden. Rüther bedankte sich bei den AKO-Mitgliedern mit den Worten: Vielen Dank an euch alle. Es hat sich gelohnt und wir können mit Recht stolz auf unsere Arbeit sein.
Auch am 2. Wochenende hatten wir in unserer Ausstellung immerhin 110 Besucher. Insgesamt waren es somit 641.
Dazu viel Lob von allen Besuchern. Wir haben uns als AKO mal wieder richtig ins Gespräch gebracht.
Ich denke, das macht Lust darauf, weiter zu machen.
Text und Fotos: Franz-Josef Molitor



Alle Bilder des AKO finden Sie unter diesem Link:
https://www.flickr.com/photos/oeventrop_people/albums/72157646880193744