Die Brüggemänner

Aus alter Zeit:

Das ganze fing mit einem „Krach“ an:

Seit 100 Jahren schwingen die „Brüggemänner“ den Zeigestock!

Ein ganz und gar nicht eintöniges Kapitel Oeventroper Schulgeschichte

Am 11.11.1974 auf den Tag genau waren 100 Jahre ununterbrochen „Brüggemänner“ an der Oeventroper Schule tätig.

Die WESTFALENPOST berichtete damals:

100 Jahre Oeventroper Schulgeschichte sind mit dem Namen „Brüggemann“ unlösbar verbunden, denn seit 1874 unterrichteten sie in ununterbrochener Reihenfolge die „Brüggemänner“ in den Ruhrdörfern (Red.: bis zum Jahre 1988 kamen dann noch einmal 14 Jahre bis zur Pensionierung von Konrektor Meinolf Brüggemann hinzu)!

Josef Brüggemann aus Calle: Mit ihm begann die Lehrer-Dynastie der “Brüggemänner” in Oeventrop

Dabei fing das ganze mit einem „Krach“ an, den der 1851 in Calle, Kreis Meschede, geborene Josef Brüggemann, seit 1872 Lehrer in Breckerfeld, in den Kartagen des Jahres 1874 mit seinem Pastor hatte: Die Messdiener spurten nicht, wie der Pastor es gerne gehabt hätte und wie der Lehrer es hätte einüben sollen. Kurz entschlossen ließ Josef Brüggemann Orgel, Messdiener und Pastor im Stich (ein damals in Zeiten geistlicher Ortsschulinspektion ein wahrlich kühnes Unterfangen), reiste in das heimatliche Calle und erfuhr dort, dass in Oeventrop die Lehrerstelle vakant sei, die er dann auch prompt erhielt.

So unterrichtete er vom 25. August 1874 an der erste Brüggemann an der zweiklassigen Schule in Dinschede, wie damals Oeventrop noch politisch lautete.

Schule gehalten wurde nach dem so genannten „Sauerländer System“: Jungen und Mädchen getrennt vom 1. bis zum 8. Jahrgang in einer Klasse an der Dinscheder Straße, dazu noch in zwei Gebäuden, so dass sich bis heute noch im Volksmund die Namen „Mädchenschule“ (jetzt Verkehrsverein und Gesundheitsamt, (heute Jürgen Kramer) und „Alte Knabenschule“ (heute Grundikits und AKO). Erbaut wurden die Schulgebäude 1883.

Darüber hinaus hatte Josef Brüggemann immer 60 bis 80 Kinder pro Klasse unterrichtet, wie das damals so allgemein für einen königlich preußischen Dorfschulmeister zumutbar war.

Er wurde dann nach dem durch die industrielle Entwicklung bedingte Anwachsen des Dorfes Oeventrop erster und letzter Hauptlehrer, kämpfte um 1900 mit Vehemenz erfolglos gegen eine Dezentralisierung der Schulgebäude eines Systems (zwei in Dinschede eines – 1903 bis 1973 – in Oeventrop) (heute Dr. Danne) und wurde Mitbegründer der Spar- und Darlehnskasse, deren erster Rendant er von 1898 bis zu seinem Tode im Jahre 1921 war. Noch heute heißt ein Zimmer im Hause Brüggemann an der Dinscheder Straße das „Kontor“.

Der „Stammvater“ der Pädagogen-Dynastie: Josef Brüggemann, von 1874 bis 1921 Schulleiter in Oeventrop.

Vier der sechs Brüggemann-Kinder ergriffen den Lehrberuf. Tochter Antonie ging als Schwester Maria-Canisia zu den Armen Schulschwestern, leitete von 1913-1922 das Lyzeum in Arnsberg und stand 12 Jahre als Provinzial-Oberin im Mutterhaus Brede dem Orden vor.

Die Söhne Josef (zuletzt Rektor in Belecke, gest. 1972) und Franz (noch bis 1972 acht Jahre nach der Pensionierung zur Aushilfe in Köln tätig) verließen das Dorf, während Sohn Karl, geb. 1896, im Jahre 1917 nach einer Kriegsverletzung die Brüggemann-Tradition fortsetzte und bis 1959 unter vier verschiedenen Staatsformen unterrichtete, davon von 1950 bis 1959 als Rektor.

Karl Brüggemann – im Kreis Arnsberg besonders bekannt durch seine Tätigkeit als Landrat von 1961 bis 1969 – meint, sein Vater habe ihm schon früh immer wieder eingeimpft, für eine Konzentration der Schulgebäude im Ort zu sorgen. So erzählt er noch heute mit Befriedigung vom Kauf des Geländes „Am Bruch“ durch die Gemeinde im Jahre 1928. „Damals kauften der Amtmann, der Gemeindevorsteher und ich unseren gepachteten Kuhkamp ohne Wissen des Gemeinderates für 9000 Reichsmark, genau 1 ha und 11 qm. Hätte der Gemeinderat abgelehnt, hätte ich die Wiese gekauft!

Eine gute Weitsicht, denn heute stehen auf diesem, durch eine Überrumpelung gekauften Gelände die Grund- und Hauptschule und mit der Fertigstellung eines 10-Klassen-Traktes im Dezember ist es endlich mit der 70-jährigen Dezentralisierung vorbei.

Karl Brüggemann – Rektor und Landrat

1911 lernte Karl Brüggemann für einen Groschen pro Stunde im Arnsberger Hallenbad das Schwimmen. Als junger Lehrer wollte er die Schüler auch dafür begeistern. Aber: „Mein Verständnis zur Geistlichkeit war vor 50 Jahren im Sommer während der Badesaison getrübt, ersichtlich am ´brümmeligen´ Gesicht des Pastors: Ein Lehrer mit Jungen und Mädchen zusammen in der Ruhr! Selbst die Haushälterin guckte in eine andere Richtung!“ Das sei erst wieder normal geworden, wenn er zur Vorbereitung der Nikolausfeier gebraucht wurde oder der Kommunionunterricht erteilt werden musste.

Seit dem Tode seines Vaters im Jahre 1921 ist Karl Brüggemann bis heute stellv. Vorsitzender und Vorsitzender der Spadaka. Ein Amt, dass er Ende November endgültig niederlegen wird.

Landrat Karl Brüggemann mit Oberkreisdirektor Dr. Theodor Cronau, späterer Stadtdirektor von Arnsberg
Verleihung des Bundesverdienstkreuzes

In der 3. Generation ist Neffe Meinolf Brüggemann (Vater Josepf) in Oeventrop tätig. Nach den Kriegswirren 1948 durch Zufall nach hier verschlagen, heute Konrektor der Hauptschule, seit 15 Jahren Schiedsmann und auch Leiter der örtlichen VHS.

In diesen 100 Jahren hat die Familie Brüggemann die Entwicklung des Schulsystems von der zweiklassigen Volksschule bis zu den 30 Klassen der Grund- und Hauptschule miterlebt und immer in leitender Position aktiv mitgestaltet. Ob es noch einmal 100 Jahre in Oeventrop werden? Wahrscheinlich nicht, denn die Tradition: „Wie der Vater, so der Sohn“ besteht nicht mehr!

Josef Brüggemann, Sohn des „Stammvaters“ und Vater von Meinolf, wirkte zuletzt als Rektor an der Volksschule in Belecke.

Rektor und Landrat Karl Brüggemann (Vater von Egon): Engagierter Pädagoge und Kommunalpolitiker und Heimatfreund.

Meinolf Brüggemann: Konrektor der Hauptschule, VHS-Leiter und seit 15 Jahren Schiedsmann. (verstorben am 22. Dezember 2013) Nachruf weiter unten!

Dieser Bericht wurde uns freundlicherweise von Rektor a.D. Erhard Jaekel zur Verfügung gestellt!

Westfalenpost 11.11.1974 – Redakteur: Johannes Vielhaber (Rektor der Grundschule)

Zum Gedenken an
Konrektor a.D. Meinolf Brüggemann
Träger des Bundesverdienstkreuzes

Meinolf Brüggemann war ein Gentlemann vom Scheitel bis zur Sohle!

Am 4. Adventssonntag verstarb im hohen Alter von 87 Jahren der langjährige Pädagoge und Konrektor Meinolf Brüggemann im Kreise seiner Familie.
Meinolf Brüggemann wurde am 11. August 1926 in Beleke als Sohn des Lehrers Josef Brüggemann geboren.
Nach seiner Studienzeit kam er im Jahre 1947 als 22-jähriger Junglehrer an die Oeventroper Hauptschule, an der auch bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1988 segensreich wirkte.
Das Wohl der ihm anvertrauten Schüler lag ihm sehr am Herzen.
Da ich selber meine letzten drei Jahre in seiner Klasse verbracht habe, kann ich mich noch sehr gut an ihn erinnern. Nachdem wir zuvor fünf Jahre von eher pflegeleichten Lehrern unterrichtet worden waren, was zu einer gewissen „Verwilderung“ unserer gesamten Klasse geführt hatte, nahm er uns nun unter seine Fittiche und brachte uns binnen kürzester Zeit wieder „auf Vordermann“, was aber auch unbedingt notwenig war, da wir alle unser fünftes Schuljahr als verloren abhaken mussten und reichlich nach zu holen hatten. Jede dunkle Wolke am Himmel nutzte Meinolf Brüggemann kurzerhand zur Absage der anstehenden Sportstunden, stattdessen ließ er unser Gehirn „turnen“, wie er es aus zu drücken vermochte, das schien ihm wichtiger und notwendiger zu sein. „Rechenkärtchen verteilen“, das war eines seiner Lieblingskommandos, wenn es in der Klasse mal wieder turbulent zu ging. So bekam er uns von Woche zu Woche besser in den Griff und konnte sich immer mehr seiner eigentlichen Aufgabe widmen, uns den notwendigen Lehrstoff zu vermitteln.
Im Jahre 1959 wurde Meinolf Brüggemann zum Konrektor ernannt, er blieb dies bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1988. Bei seiner Verabschiedung sagte Schulrat Schwermer: „Meinolf Brüggemann war 29 Jahre hier der 1. Offizier, 10 Jahre unter Rektor Karl Lammert und 19 Jahre und Erhard Jaekel. Sein fairer und liberaler Führungsstil und seine Bereitschaft zum Lachen haben ihn bei den Schülern und Lehrern gleichermaßen beliebt gemacht!“
Weiterhin würdigte ihn der Landrat als einen Menschen, der sich nicht gescheut habe, Verantwortung und Pflichten zu übernehmen. Mit seinem Ausscheiden aus dem Schuldienst im Jahre 1988 ging in Oeventrop eine 100-jährige Dynastie der „Brüggemänner“ als Lehrer in Oeventrop zu Ende (siehe oben).
Neben seiner Tätigkeit als Lehrer war Meinolf Brüggemann viele Jahre Mitglied für die CDU im damaligen Gemeinderat. Und genau dieser Gemeinderat hatte im Jahre 1969, nach dem Ausscheiden von Rektor Lammert über die Neubesetzung des Schulleiters zu befinden. Zunächst war Meinolf Brüggemann der einzige Bewerber um dieses hohe Amt. Als dann eine weitere Bewerbung von Erhard Jaekel eintraf, zog Meinolf Brüggemann seine Bewerbung zurück, um sich nicht dem Verdacht der „Vetternwirtschaft“ aus zu setzen; ja so war Egon Brüggemann, eine Gentlemann vom Scheitel bis zur Sohle.
Nach dem Vorstellungsgespräch von Erhard Jaekel vor dem gesamten Gemeinderat war es Meinolf Brüggemann, der dem neuen Rektor die frohe Botschaft über seine Einstellung überbrachte. Erhard Jaekel sagte mir zu dieser Situation: „Sein kräftiger Händedruck war der Beginn einer jahrzehntelangen Freundschaft!“
Meinolf Brüggemann war aber nicht nur Lehrer, Konrektor und Gemeindevertreter gleichzeitig, darüber hinaus übte er auch viele Jahre das Amt des örtlichen Schiedsmanns aus und war viele Jahre der Leiter der örtlichen Volkshochschule, die in der damaligen Zeit gegründet wurde.
Für seine großen Verdienste wurde ihm im Jahre ???? das Bundesverdienstkreuz verliehen!
Meinolf Brüggemann war verheiratet mit seiner Frau Ursula, die leider im Jahre 1992 viel zu früh verstorben ist. Gemeinsam haben sie zwei Kinder; Rüdiger und Simone, die gemeinsam mit ihren Ehepartnern und den vier Enkelkindern um den Verstorbenen trauern. Seine letzten Jahre verbrachte er mit seiner Lebensgefährtin, Frau Anneliese Rampelmann.
Das Seelenamt für den überzeugten und praktizierenden Katholiken Meinolf Brüggemann wurde am Samstag, dem 28. Dezember 2013, um 10 Uhr in der Pfarrkirche in Oeventrop gefeiert; die Beerdigung war im Anschluss daran.
Text: Franz-Josef Molitor
Foto: Rüdiger Brüggemann

Meinolf Brüggemann bei der Festrede 800 Jahre Uentrop im Jahre 2007

Cookie Consent mit Real Cookie Banner